Geschichte

Geschichte

Die Geschichte der Genossenkorporation Stans lässt sich in Verbindung mit den anderen Nidwaldner Korporationen bis ins 13. Jahrhundert zurückverfolgen.

Das Lehensystem bis ins 12. Jahrhundert

Bis ins 12. Jahrhundert herrschte auch in der heutigen Schweiz ein feudales Lehensystem vor. Ländereien gehörten als Grundbesitz den Fürsten und Königen oder Klöstern und wurden von Bauern gegen Zinsen hauptsächlich für den Eigengebrauch bestellt. Nur vereinzelt gehörte Bauern den Boden, den sie bewirtschafteten, selbst.

Als die Städte als Wohn- und Arbeitsstätten zunehmend an Bedeutung gewannen, wurde es für Bauern lukrativer selbsterzeugte Nahrungsmittel in urbanen Zentren zu verkaufen. Dadurch gewann der ländliche Boden als Produktionsgrundlage an Wert und Interesse. Erstmals schlossen sich Einzelpersonen zusammen, um genossenschaftlich Boden zu bewirtschaften, zu teilen und zu verwalten und Produkte in grösseren Mengen zu verkaufen. Sie bewirtschafteten so gemeinsam Wälder, Wiesen, Äcker und Alpen. Diese neu zusammengeschlossenen Körperschaften forderten mit der Zeit gegenüber der Kirche und der Obrigkeit mehr Rechte ein.

Erste Korporationen entstehen

Aus den zusammengeschlossenen Körperschaften bildeten sich nach und nach erste Korporationen heraus. Durch die Bildung eigener Räte organisierten sie sich und konnten so über ihre Mitglieder und Zugehörigen selbst bestimmen. Gleichzeitig erwarben sie bei ihren Lehnsherren das Recht, Grund und Boden gegen Zinsen eigenständig bewirtschaften und verwalten zu können oder kauften ihnen diese ab um so selbst zu Grundbesitzern zu werden. In Nidwalden entstanden in der Folge im 13. Jahrhundert die ersten Korporationen. In einer Urkunde von 1348 erscheinen die Nidwaldner Korporationen bereits als eigenständige Rechtskreise.

Das älteste vorhandene Schriftstück, welches die Einwohner von Stans erwähnt, stammt aus dem Jahr 1261.Dabei wurden die Bewohner um Stans und Buochs in einem Schreiben von Propst und Convent von Luzern vom 21. September 1261 als die in Stans et in Buochs parochianis universis und universtitatem vestram, als gesamte Pfarrangehörige in Stans und Buochs und ihre Gesamtheit, die an der Landsgemeinde zusammenkommen pflegt, bezeichnet.

Bereits im 13. Jahrhundert entstand auch das erste Siegel der Gesamtheit der Leute von Stans mit der Inschrift S[IGILLUM] UNIVERSITATIS HOMINUM DE STANHES.

Abgrenzung gegen aussen

Ab dem 14. Jahrhundert grenzten sich die Korporationen gegeneinander immer mehr ab und regelten vermehrt Themen innerhalb ihrer Korporation. Nutzungsstreite, wie der zwischen der Korporation Stans und der Ürte Waltersberg von 1370, wurden gerichtlich geregelt und auch die Aufnahme neuer Korporationsbürger wurde reglementiert.

Die Korporationen gewannen zunehmend an Einfluss und politischen Rechten. Damit einhergehend bildeten sich zwei parallele Funktionen von Korporationen heraus – die politischen und die ökonomischen. Während die ökonomischen Korporationen unter anderem über die Nutzungsrechte des Grundbesitzes entschieden, organisierten die politischen Korporationen das politische Geschehen und stellten wählbare Personen.

Mit dem gestiegenen Bevölkerungswachstum im 15. Jahrhundert wurden auch die Landressourcen knapper. Die Korporationen begannen sich nach aussen noch stärker abzugrenzen und Neuzuzüger mussten sich Nutzungs- und Stimmrechte teuer erkaufen. 1641 beschloss die Genossenkorporation Stans, dass nur Personen mit einem alteingesessenen Genossengeschlecht ein Stimm- und Wahlrecht haben und ab 1695 konnte man sich auch für das Nutzungsrecht nicht mehr einkaufen. Seither ist der Bestand der Stanser Genossenbürgerinnen und Genossenbürger auf die Nachkommen der damaligen 17 Genossengeschlechter beschränkt.

Korporationen in der Zeit der Helvetik

Unter der Herrschaft Napoleons wurde mit der Helvetik ab 1798 die Rechtsgleichheit aller Schweizer Bürger durchgesetzt. Dies brach die Herrschaft der Korporationen in der Schweiz und war mit dem eingeschränkten Stimm-, Wahl- und Nutzungsrecht der Genossenkorporation Stans unvereinbar.

In einer ausserordentlichen Versammlung 1814 beschlossen die Nidwaldner Korporationen daher die alte Rechtslage vor der Helvetik wieder einzuführen. Daraus resultierte eine rechtlich unklare Situation, welche sich erst mit der Gründung der modernen Schweiz 1848 auflöste. Mit dem Inkrafttreten der ersten Nidwaldner Kantonsverfassung 1850 entstanden die politischen Gemeinden, welche die politischen Korporationen ablösten. Die ökonomischen Korporationen hingegen blieben bestehen, behielten weiterhin ihren Grund und Boden und sammelten in einem ersten kantonalen Korporationsgesetz 1875 alle überlieferten gesetzlichen Regelungen und Bestimmungen bezüglich der Nidwaldner Korporationen.

Gleichberechtigung in den Nidwaldner Korporationen

1992 wurde das Korporationsgesetz von 1875 das erste Mal überarbeitet und das Korporationsrecht vereinheitlicht und präzisiert. Dabei erhielten die Frauen, welche bei der Genossenkorporation Stans schon mindestens seit dem 19. Jahrhundert nutzungsberechtigt waren, erstmals das Stimm- und Wahlrecht und konnten so an den jährlich stattfindenden Genossengemeinden teilnehmen. Diesem kodifizierten kantonalen Korporationsgesetz stimmten die Korporationsbürgerinnen und Korporationsbürger an der Korporationslandsgemeinde vom 26. April 1992 zu.

Bis 2018 wurde das Korporationsbürgerrecht über das Korporationsgeschlecht und den dazugehörenden Bürgerort vererbt und konnte meist nur über die männliche Linie weitergegeben werden. Ein Bundesgerichtsentscheid im Jahr 2018 stufte diese Weitergabe des Korporationsbürgerrechtes als diskriminierend ein und die Nidwaldner Korporationen mussten die Regelungen zur Weitergabe des Korporationsbürgerrechtes entsprechend anpassen. So kann in Nidwalden seit 2018 das Korporationsbürgerrecht sowohl durch den Vater wie auch die Mutter weitergegeben werden. Das heisst, nicht länger sind das Geschlecht und der Heimatort ausschlaggebend, sondern einzig die Abstammung väterlicher- oder mütterlicherseits.